Frankfurt Marathon 2025
Meine Vorbereitung auf den Frankfurt-Marathon verlief insgesamt erstaunlich rund. Während der gesamten zwanzig Wochen spezifischen Trainings blieb ich verletzungsfrei, war weder erkältet noch anderweitig angeschlagen. Ich konnte mich voll und ganz auf das Laufen konzentrieren, was nicht selbstverständlich ist.
Die Trainingssteuerung mit der App Runna hat sich dabei bewährt. Die Struktur war gut durchdacht, die Einheiten sinnvoll aufgebaut, und ich würde die App jederzeit wieder nutzen. Allerdings war die ursprünglich prognostizierte Zielzeit auf Basis meines 10-Kilometer-Wettkampfs deutlich zu ambitioniert. Ich passte den Plan daher an – ebenso wie die Wochenumfänge, die ich mir anfangs zu hoch konfiguriert hatte. Spätestens bei rund 80 Kilometern pro Woche merkte ich, dass dies meine persönliche Grenze ist. Genau in jener Phase, als der Umfang seinen Höhepunkt erreichte, ließ meine Motivation spürbar nach. In den letzten sechs Wochen strich ich einige Einheiten, aber nie die entscheidenden: Tempo und Long Run.
Kurz vor dem Marathon war die Lust am Laufen jedoch wieder da. Mein Ziel war realistisch: finishen, und wenn möglich unter vier Stunden. Doch anders als vor zwölf Jahren, als ich ebenfalls in Frankfurt gestartet war, stand diesmal nicht die Zahl im Vordergrund. Ich wollte konstant durchlaufen, ohne nach dreißig Kilometern oder früher einzubrechen.
Meine Tochter begleitete mich an diesem kühlen Oktobermorgen. Um sechs Uhr holte sie mich ab, und gegen halb acht erreichten wir Frankfurt. Die Organisation war, wie man es von diesem Marathon kennt, hervorragend. Wir parkten im Rebstock-Parkhaus und fuhren mit dem Shuttlebus zum Messegelände. Startunterlagen abholen, umziehen und Kleiderbeutel abgeben, ein kurzer Stopp in der Cafeteria, letzte Toilettengänge – Routine, aber für mich immer die größte Sorge, ob ich insbesondere das große Geschäft rechtzeitig vor dem Marathon erledige. Hat alles bestens geklappt.

Eine halbe Stunde vor dem Start sortierte ich mich in meinen Block Nr. 4 ein. Im Gegensatz zu 2013 wurde diesmal streng kontrolliert, ob man sich korrekt einsortierte. Natürlich gab es ein paar Unverbesserliche, die trotzdem über die Absperrungen kletterten – aber das blieb die Ausnahme.
Bei frischen sieben Grad entschied ich mich kurzfristig, doch noch eine Windweste überzuziehen. Dafür musste ich die Startnummer umstecken. Ein Startnummernband, wie ich es vom Triathlon kenne, war laut Reglement nicht erlaubt. Letztlich war die Entscheidung goldrichtig: zu warm wurde mir nur kurzzeitig, und die Armlinge verschwanden bald in der Trikottasche. Im Trikot hatte ich zusätzlich eine ultraleichte Regenjacke verstaut, doch ich brauchte sie nicht. Radbekleidung ist definitiv die bessere Laufbekleidung – praktisch und funktional. Kein Tropfen Regen fiel, dafür blies ein kräftiger Wind von über 20 km/h, mal von vorn, mal von hinten – typisch Frankfurt.
Der Start verlief entspannt, ohne Gedränge oder Hektik. Schon nach wenigen hundert Metern hatte ich genug Platz um mich herum. Mein Plan war, den ersten Kilometer mit 6:00 min/km anzugehen und mich danach bei 5:30 bis 5:35 min/km einzupendeln. Wie so oft wurde der erste Kilometer dann doch schneller: 5:38 min/km.
Meine Kopfhörer hatte ich im Kleiderbeutel vergessen. Im Training habe ich immer Musik gehört und auch beim Marathon wollte ich mich dadurch pushen lassen. Im Nachhinein war es kein Problem, denn die Stimmung an der Strecke war so mitreißend, dass eigene Musik überflüssig war. Ich genoss den Lauf in vollen Zügen, klatschte Kinderhände ab, lächelte zurück, wenn jemand meinen Namen rief und spulte mein Tempo wie ein Uhrwerk ab.

Ich hatte eigene Gels in der Trikottasche, die überflüssig waren, denn die offiziellen Stationen waren bestens ausgestattet und durchweg ohne Gedränge gut zugänglich. Nach dem dritten Gel meldete sich kurz mein Magen, doch zwei Becher Wasser später war alles wieder gut. Das vierte Gel nahm ich bei Kilometer 30, und genau da begann der Kampf. Also nicht wegen des Gels. Es war kein plötzlicher Einbruch, eher ein schleichendes Nachlassen der Kräfte. Der Puls stieg über 170, die Waden brannten trotz Kompressionsstrümpfen. Kein Krampf, kein Stich – nur ein stetig wachsender Schmerz, der jedoch erträglich war.
Mir blieb nichts anderes übrig, als das Tempo kontrolliert zu reduzieren, anstatt verbissen dagegen anzulaufen. Die 42 Kilometer blendete ich aus und dachte nur in 5 Kilometer Abschnitten: noch fünf Kilometer, dann noch drei, dann nur noch zwei. Es war ein mentales Ringen, nicht nur ein physisches.
Bei Kilometer 37 hörte ich ihn: den Sub-4-Zugläufer. Lautstark feuerte er seine Gruppe an, und als er mich überholte, schloss ich mich für kurze Zeit an. Ich spürte, dass ich das Tempo noch halten konnte – aber nicht bis ins Ziel. Nach etwa 500 Metern ließ ich abreißen. Ich wollte nicht um jeden Preis einer Zahl nachjagen und am Ende komplett einbrechen.
Die letzten Kilometer waren eine Quälerei. Die Strecke zog sich, Schleife um Schleife durch die Innenstadt. Das Ziel war greifbar, aber noch nicht erreicht. Und dann endlich: die Abbiegung in die Festhalle. Ich sah das Läuferfeld nach links schwenken, das Licht, die Musik, die jubelnde Menge – und dann den roten Teppich.
Nach 4:10:35 Stunden stoppte ich die Uhr. Keine Sub-4, kein konstantes Durchlaufen, aber ein respektables Finish. Ich war erschöpft, glücklich – und überzeugt: Das war mein letzter Marathon.
Zwei Stunden später war ich wieder zu Hause. Der Hund freute sich riesig, als ich am Abend die Tür öffnete, und wich mir nicht mehr von der Seite. Mein Frau freute sich natürlich auch und gratulierte mir.
Heute Morgen war ich mit Shaary nur ein paar Minuten draußen – die Beine schmerzten noch genauso wie gestern. Ich kann mich nicht erinnern, dass es mir nach meinen früheren Marathons jemals so erging. Aber vielleicht habe ich das einfach nur vergessen.
Was bleibt? Zufriedenheit – und ein bisschen Zweifel. Noch weiß ich nicht, ob ich im nächsten Jahr in Hamburg starte, wofür ich bereits gemeldet bin. Einen Ultramarathon werde ich jedenfalls nicht laufen, das steht fest. Schon bei Kilometer 30 fragte ich mich gestern, wie ich je auf die Idee kommen konnte, die 100 km von Biel anzuvisieren. Heute klingt das wie ein schlechter Witz. Aber mein Kumpel Bernd hat gesagt: „wart mal ein paar Wochen ab!“.
Einen weiteren Marathon will ich noch nicht ausschließen, 100 Kilometer Biel jedoch definitiv.
Glückwunsch zur besonderen Leistung!. Dein Bericht der 42,195 Kilometer hat mir sehr gut gefallen und mich motiviert. Starke Leistung 🎯
Vielen Dank Thomas!