Von der Pasta-Party in Hamburg mit einem bunten Haufen von Langstreckenradlern über stürmische Nächte in dänischen Sheltern bis hin zum Ziel am Skagerrak: In sechs Tagen und 663 Kilometern erlebte ich bei der Transcimbrica 2019 alles – Regen, Sonne, Plattfüße, hilfsbereite Menschen und unvergessliche Momente. Eine Reise voller Herausforderungen, Begegnungen und Abenteuer, die mich bis an die Nordspitze Jütlands führte.
„Die Transcimbrica ist eigentlich eine komplette Tour von Hamburg nach Skagen und wieder zurück. Mein persönliches Ziel war es jedoch, mindestens den nördlichsten Punkt Jütlands zu erreichen. Dort habe ich meine Reise beendet – und mein Minimalziel glücklich erreicht.“
Wie habe ich mich vorbereitet?
Eigentlich gar nicht – zumindest nicht nach einem festen Trainingsplan. Unter der Woche pendle ich mit dem Rad zur Arbeit (rund 24 km hin und zurück), am Wochenende fahre ich längere Touren bis etwa 150 km – meine „inoffizielle“ Vorbereitung auf Langstreckenabenteuer. Der längste Ritt vor der Transcimbrica lag bei 166 km, danach waren es maximal 75 km. Ich vertraute auf meine Grundlagenausdauer und darauf, erkältungsfrei durch den Winter zu kommen, um in Hamburg starten zu können. Diese Strategie ging auf – und ich hatte richtig Lust auf das Abenteuer.

Etappenübersicht Transcimbrica 2019
| Datum | Etappe | Distanz | Übernachtung | Besonderheiten |
|---|---|---|---|---|
| Sa, 09.03. | Hamburg – Bolderslev (DK) | 214 km | Shelter im Wald | Begegnungen mit Gerhard & Boris, Sturm in der Nacht |
| So, 10.03. | Bolderslev – Givskud | 132 km | Shelter (Grillplatz) | Zwei Plattfüße, Sonne, McDonalds-Pause |
| Mo, 11.03. | Givskud – Viborg | 89 km | Motel | Sonnig, Hügel, grandioser Blick auf den Nørresø |
| Di, 12.03. | Viborg – Stagsted (nördl. Aalborg) | 154 km | Autowerkstatt (Gastfreundschaft) | Regen, Verfahrer, Asyl bei dänischem Bauern |
| Mi, 13.03. | Stagsted – Skagen – Skagerrak | 75 km | – | Ankunft am nördlichsten Punkt Jütlands |
| Gesamt | 664 km | Minimalziel erreicht |
Pasta-Party & Café Timeless
Freitag, 8. März
Mehr als die Hälfte der 42 Teilnehmer traf sich abends zur Pasta-Party im „mama trattoria“ in Hamburg-Blankenese, unweit von Start und Ziel. Ich war wie immer einer der Ersten. Nach und nach trudelten die anderen Langstreckenradler ein – ein bunter Haufen: klein, groß, schmal, athletisch, beleibt, jung, alt, weiblich, männlich. Ganz normale Menschen, die dieselbe Leidenschaft teilen.
Und dann kam Harald. Er begrüßte jeden persönlich – mit Handschlag und Vornamen. Wow! Ich selbst vergaß die meisten Namen gleich wieder (muss am Alter liegen). Viele kannten sich bereits, was sofort spürbar war: Langstreckler unter sich.

Ich saß etwas wie ein Außenseiter mittendrin, kam aber mit einigen ins Gespräch. Gegen 22 Uhr verließ ich mit meinem Tischnachbarn Mark H. das Restaurant. Ein netter Typ – schade, dass wir uns unterwegs nicht wieder trafen.
Meine erste unvergessliche Nacht in einem Shelter
Samstag, 9. März – 214,1 km
Um Punkt 0:01 Uhr fiel in Hamburg-Blankenese am „Café Timeless“ der Startschuss zur Transcimbrica 2019. Mit 42 Teilnehmern rollten wir gemeinsam hinaus in die Nacht. Anfangs im Pulk, doch nach zwei Stunden fuhr ich schon allein. Es begann zu regnen, aber ich war ausgerüstet – irgendetwas mussten die 16 Kilo Gepäck ja rechtfertigen.
Gegen 3:39 Uhr erreichte ich Kaaks. Müdigkeit machte sich bemerkbar, also suchte ich mir ein Bushäuschen als Schlafplatz. Überdacht, verglast, windgeschützt – perfekt für ein erstes Nickerchen. Ich legte mich in den Schlafsack und gönnte mir einige Stunden Pause.

Frühstück und erste Begegnungen
Am Morgen setzte ich die Fahrt fort, hungrig, aber voller Tatendrang. In Hanerau-Hademarschen entdeckte ich eine Bäckerei – Kaffee, Käsestange, neue Energie. Dort traf ich Gerhard, einen freundlichen und erfahrenen Randonneur, der ebenfalls die Transcimbrica fuhr. Er schoss gleich ein Foto von mir, während ich mich stärkte.
Später, an der Fähre in Oldenbüttel, begegnete ich Boris. Er hatte direkt am Fährhäuschen übernachtet, nur im Schlafsack, kaum bekleidet – ein echter Härtetest. Gemeinsam mit Boris setzte ich die Fahrt fort.

Über die Grenze nach Dänemark
Gegen Nachmittag überquerten wir die Grenze. Der Wind frischte auf, Regen setzte ein. Wir bestaunten unterwegs riesige Schweine in Freilandhaltung – ein Anblick, den man nicht vergisst.
Doch das Wetter blieb unbeständig. Ich entschied mich: heute will ich zum ersten Mal in einem Shelter schlafen.

Sturmnacht bei Bolderslev
Um 17:43 Uhr fand ich schließlich im Wald bei Bolderslev einen Shelter. Kaum eingerichtet, brach ein Sturm los, der die ganze Nacht tobte. Böen rüttelten am Dach, Holz knarzte, der Wind pfiff durch jede Ritze.
Angst mischte sich mit Faszination. Zum ersten Mal griff ich ins Notfallset: ein Schluck Schnaps, der sofort wärmte und beruhigte.
Die Nacht war laut, unruhig, aber auch ein unvergessliches Erlebnis.

Der Plattfußtag bei Sonnenschein
Sonntag, 10. März – 132,2 km
Gegen 7 Uhr werde ich wach und höre die Vögel zwitschern. Es ist windstill und mir geht’s gut. Was für eine Nacht – die werde ich so schnell nicht vergessen! Nach elf Stunden in diesem Holzverschlag will ich endlich wieder aufs Rad.
Doch der Kälteschock ist enorm. Sich aus dem warmen Schlafsack direkt in die Kälte zu begeben, ist etwas anderes, als daheim aus dem Bett ins warme Bad zu gehen. Ich zittere am ganzen Körper und ziehe mich dick an. Erst beim Packen meiner Ausrüstung wird mir langsam wieder warm.
Obwohl es trocken ist, fahre ich in Regenklamotten los. Lieber nach und nach Schichten ablegen, als zu frieren.
Bäckerei-Glück in Rødekro
Um 8:33 Uhr entdecke ich in Rødekro eine Bäckerei und halte sofort an. Der Duft von frisch Gebackenem steigt mir in die Nase. Drinnen herrscht Betrieb wie im Taubenschlag, kein Platz zum Hinsetzen. Egal – Hauptsache Kaffee und etwas zu essen.
Gestärkt, gut gelaunt und voll motiviert setze ich die Fahrt Richtung Norden fort. Blauer Himmel, wenig Wind – es rollt fantastisch.

Der erste Plattfuß
Und dann ist da plötzlich ein seltsames Geräusch. Es dauert einen Moment, bis ich den Plattfuß am Vorderrad bemerke. Herzlichen Glückwunsch – ein paar Tage vor der Tour hatte ich noch neue Reifen gekauft, weil ich sie für pannensicherer hielt. Doch ein Stachel bohrte sich durch Mantel und Schlauch.
Zum Glück schnell behoben – weiter geht’s.

Der zweite Plattfuß
Ich komme gut voran, die Landschaft ist schön, das Wetter perfekt. Um 11:09 Uhr erreiche ich Vojens und nutze die Gelegenheit für einen Stopp. Kaum aus dem Ort heraus, erwischt es mich erneut – der zweite Plattfuß, diesmal hinten.
Fluchen. Schlauch flicken. Weiterfahren. Einen Schlauch hatte ich schon ausgetauscht, drei Stück habe ich an Bord. Noch ist also Reserve da.
Trost: Ich bin nicht allein. Später erfahre ich, dass ein anderer Teilnehmer zehn Plattfüße hatte – und trotzdem gelassen blieb.

Pausen und Fastfood
Die Wolken ziehen auf, es bleibt aber trocken. Der Hunger treibt mich erneut zur Pause.
Um 15:18 Uhr steuere ich in Vejen einen McDonalds an und gönne mir einen Big Tasty mit Pommes. Ein Hochgenuss – egal, ob mir diese Mahlzeit später schwer im Magen liegt.
Zwischendurch telefoniere ich mit meiner Mutter. Ihr Rat: „Such dir heute Nacht ein Hotel, nicht schon wieder draußen schlafen.“ Garmin zeigt ein Hotel drei Kilometer vom Track entfernt. Ich rolle hin – geschlossen!

Shelter-Suche im Dunkeln
Weil ich heute gute Beine habe, überlege ich sogar, die Nacht durchzufahren. Doch die Vernunft siegt – zu groß die Angst, irgendwo im Nirgendwo mit einem weiteren Platten zu stranden.
Also steuere ich den nächsten Shelter an. Doch ihn zu finden, ist schwieriger als gedacht. Ohne Smartphone und Internet wäre ich verzweifelt. Mit einer Hand halte ich den Lenker, in der anderen das iPhone mit der Shelter-App. Erst lande ich auf einem leeren Parkplatz – dann finde ich die Shelter doch noch.
Puuh, was für eine Erleichterung! Zwei Shelter, sogar ein Grillplatz mit Feuerholz. Luxus pur.

Gute Nacht
Mehr brauche ich nicht: ein Dach über dem Kopf, meinen Schlafsack – und einen kleinen Schluck aus der Schnapspulle. Gute Nacht.
Der schönste Tag
Montag, 11. März – 89,3 km
Es war verdammt kalt letzte Nacht, um die -5 °C. Gefroren habe ich zwar nicht, aber bequem war es nicht – meine Isomatte war platt. Kein Loch, aber sie hielt die Luft nicht. Mitten in der Nacht aus dem Schlafsack krabbeln und in der Kälte nachpumpen war alles andere als ein Vergnügen.
Gegen 6:30 Uhr werde ich wach, gerade als die Sonne aufgeht. Ein herrlicher Anblick – doch ich bleibe im warmen Schlafsack und verzichte auf ein Foto.
Der Shelter-Platz in Givskud ist richtig luxuriös. Trotzdem heißt es: raus in die Kälte. Draußen zittere ich wie Espenlaub, bis mir beim Packen wieder wärmer wird.
Frühstück und erste Kilometer
Nach zwei Nächten draußen will ich mir heute Abend ein richtiges Bett gönnen. Doch vorher müssen Kilometer gemacht werden.
Frühstück gibt’s erst gegen 10 Uhr in Nørre Snede. Die Auswahl: Bratwürste oder Burger. Ich entscheide mich für den Burger – hat alles, was man braucht, sogar Salat.
Das Wetter ist herrlich, die Laune gut – also viele Fotos!


Überraschung: Dänemark hat Hügel
Entgegen vieler Vorstellungen ist Dänemark nicht flach. Wellen, Rampen, sogar kleine Mittelgebirgsanstiege prägen die Landschaft. Mal rollt es locker, mal beißen die Anstiege. Dazwischen schnelle Abfahrten, dazu markierte Radstreifen auf Landstraßen – ein Radrevier, wie man es sich wünscht.
Der Gravelanteil liegt bei etwa 10 %. Meist gut fahrbar, nur an wenigen Stellen muss ich schieben.
Das absolute Highlight des Tages: der grandiose Ausblick kurz vor Viborg auf den blauen Nørresø.

Ankunft in Viborg
Am Nachmittag, gegen 15:30 Uhr, erreiche ich Viborg. Der Hunger treibt mich in ein Lokal – schon wieder Burger, dazu die leckersten Pommes in ganz Dänemark.
Ich beschließe, hier zu übernachten, und buche ein Motel nur wenige Kilometer abseits vom Track.
Luxus pur
Mein Sequoia darf sogar mit ins Zimmer. Endlich: heiß duschen! Nach zwei Tagen mit Katzenwäsche fühle ich mich wie neugeboren. Danach ein kühles Tuborg – herrlich.
Glücklich zu sein ist manchmal so einfach: ein Dach über dem Kopf, eine heiße Dusche, ein warmes Bett und etwas zu essen und zu trinken.
Ein perfekter Tag – vielleicht der schönste meiner Transcimbrica.

Nachtasyl auf einem dänischen Aussiedlerhof
Dienstag, 12. März – 152,7 km
Die Nacht im Motel hat richtig gutgetan. Nach einem üppigen Frühstück fahre ich – wie es der Codex verlangt – zurück auf den Track, um die Transcimbrica fortzusetzen.
Das Wetter ist kalt, bewölkt, trocken. Doch immerhin: Rückenwind! Hoffentlich bleibt das so. Auf dem Weg nach Aalborg erwarten mich einige Gravelabschnitte und wieder ein hügeliges Profil.
Regen in Aalborg
Leider fängt es vor Aalborg erneut an zu regnen. Ziemlich durchgeweicht erreiche ich um 13:57 Uhr die Brücke und mache das obligatorische Selfie.
Bevor ich sie überquere, radle ich noch einmal zurück in die Innenstadt – Burger King ruft. Normalerweise esse ich selten Fastfood, aber hier in Dänemark sind Burger mittlerweile mein Hauptnahrungsmittel geworden.
Noch weiß ich nicht, wie weit ich heute fahren will und wo ich übernachte. Genau das sollte sich am Ende des Tages als Problem herausstellen.

Shelter vergeblich gesucht
Das Wetter bessert sich nicht – im Gegenteil. Es regnet und stürmt, und ich mache keine Fotos mehr. Ein Lichtblick: In Klokkerholm soll ein Shelter sein. Doch zu meiner Enttäuschung ist er unbrauchbar – offen wie ein Scheunentor, direkt an der Straße, der Wind bläst frontal hinein. Also weiter.
In Allerup suche ich kurz Unterschlupf in einem Bushäuschen und checke per Smartphone mögliche Alternativen. Fehlanzeige. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als weiterzufahren.
Verfahrer und Nervenspiel
Ich gebe ordentlich Druck aufs Pedal – und verliere dabei den Track. Der Garmin zeigt nichts mehr an, egal wie oft ich hinein- und herauszoome. Leichte Panik steigt auf. Schließlich drehe ich um und fahre bei vollem Gegenwind zurück nach Allerup.
Ein neuer Versuch: Ich lade den Track neu, diesmal in roter Farbe, und probiere es erneut. Im Wald verfahre ich mich gleich noch einmal, merke es aber rechtzeitig. Die Nerven liegen blank. Es wird dunkel, ich bin durchnässt – und noch immer keine Unterkunft in Sicht.
Mehrmals muss ich schieben: steile Rampen, matschiger Untergrund. Endlich wieder fester Boden unter den Reifen – und da ist ein großes Anwesen. Licht brennt, Autos stehen auf dem Hof. Ich klingele – niemand öffnet.
Rettung in Stagsted
Ein paar Kilometer weiter, in Stagsted, versuche ich es erneut. Wieder ein Aussiedlerhof, wieder Licht, wieder Autos. Doch keine Klingel. Also gehe ich ums Haus, stehe plötzlich vor einem Küchenfenster – und erschrecke die Bewohnerin fast zu Tode.
Ihr Mann kommt sofort, ich entschuldige mich mit Handzeichen und erkläre meine Situation. Ohne zu zögern führt er mich in seine Autowerkstatt. „Passt das?“ – Booah, was für ein Stein mir vom Herzen fällt! Natürlich passt das. Ich habe alles dabei, was ich brauche.
Gastfreundschaft pur
Ich breite meinen Schlafsack aus – glücklich, Asyl gefunden zu haben. Doch der Gutsbesitzer kommt kurze Zeit später zurück, stellt einen Gasstrahler auf und fragt, ob ich noch etwas benötige.
„Ein Bier wäre nett, wenn Sie eins da haben.“
Keine fünf Minuten später steht ein kaltes Tuborg vor mir.
Ich bin überwältigt von dieser Freundlichkeit. In solchen Momenten gehen einem viele Gedanken durch den Kopf – über Flüchtlinge, über Obdachlose, über Menschen in Not.
Dankbar packe ich mir Musik auf die Ohren und schlafe irgendwann ein – geborgen in einer Autowerkstatt irgendwo in Dänemark.

Nach Skagen zum Skagerrak
Mittwoch, 13. März – 75,1 km
Um 7:45 Uhr bin ich startklar. Bevor ich losfahre, hinterlasse ich noch einen Dankeszettel, den ich unter einer leeren Bierdose deponiere – in der Hoffnung, dass der nette Däne ihn findet. Ich bedanke mich herzlich, dass ich die letzte Nacht hier bleiben durfte und so gut versorgt wurde. Wie gut, dass ich wenigstens ein paar Brocken Englisch beherrsche, denn Deutsch versteht hier fast niemand.
Frühstück Fehlanzeige
Mit Frühstück sieht es schlecht aus. Weit und breit ist nichts zu bekommen. Zum Glück reicht mein Dieseltempo, um die Muskeln eine Weile aus den eigenen Reserven zu versorgen.
An einer etwas heruntergekommenen Bushaltestelle mache ich eine kurze Pause. Bei dem Sturm und Regen der letzten Nacht wäre das sicher kein geeigneter Unterschlupf gewesen.
Ein Stück Gravel durch eine Weihnachtsbaum-Plantage bei Sindal bringt Abwechslung.
Regen, Riegel und Weiterfahrt
Um 10:15 Uhr halte ich in Jerup an, weil es wieder schüttet und mein Magen nun doch knurrt. Ich kaue einen meiner trockenen Riegel – irgendwann müssen die ja gegessen werden.
Kurz darauf hört der Regen auf. Skagen rückt näher. Am Horizont, hinter den Dünen, höre ich bereits das Rauschen der Ostsee.
Ankunft in Skagen

Um 11:29 Uhr erreiche ich Skagen. Nach 664 Kilometern seit Hamburg drücke ich am Bahnhof die „Stopp/Speichern“-Taste meines Garmins.
Aber es geht noch ein Stück weiter: Ich will bis zum äußersten Zipfel Jütlands, zum Skagerrak. Also kämpfe ich mich mit dem Rad durch die Dünen, bis ich um 11:56 Uhr am nördlichsten Punkt stehe. Das obligatorische Selfie darf nicht fehlen. Geschafft!

Entscheidung am Wendepunkt
Vier Tage, zwölf Stunden und zwanzig Minuten nach dem Start habe ich mein Minimalziel erreicht. Den Rückweg hätte ich in der verbleibenden Zeit nicht mehr geschafft, und die Motivation reichte nicht, mich weitere vier bis fünf Tage bei diesem Wetter durchzubeißen.
Deshalb beende ich hier meine Transcimbrica.

Rückfahrt und Dankbarkeit
Mit dem Zug geht es zurück nach Hamburg. Ein Abenteuer ist zu Ende, das ich dankbar und für immer in Erinnerung behalten werde.
Respekt allen 42 Teilnehmern – 16 von ihnen finishten die komplette Strecke. Besonders Gerhard, mein Fotograf an der Fähre, hat mich beeindruckt: stoisch, ruhig, und er schaffte es bis ins Ziel. Hut ab!
Auch an Vonni und Henning denke ich gerne zurück: Saustark, wie sie die Tour komplett meisterten und dabei nie den Humor verloren.
Ein herzliches Dankeschön an Stefan, Thees und alle, die die Transcimbrica organisiert haben. Ganz großes Kino! Und Harald: dranbleiben – irgendwann wirst auch du die ganze Runde schaffen.

Rückblick & Fazit
Würde ich die Transcimbrica wieder fahren – und auch zu dieser Jahreszeit?
Ganz klar: ja!
Mein Ziel war ehrgeizig: die komplette Strecke in 7–8 Tagen zu schaffen. Dafür hätte ich täglich mindestens 200 Kilometer fahren müssen – schneller oder mit weniger Pausen. Mein Schnitt lag bei 18,6 km/h – genau mein Dieseltempo, das ich lange durchhalte, ohne zu ermüden. Kürzere Pausen hätten bedeutet, mehr in der Dunkelheit zu fahren – und das wollte ich nicht.
Zwei Abende lang tobte ein Sturm, und ich war heilfroh, jeweils ein Dach über dem Kopf zu haben. Allein im Dunkeln irgendwo mit Defekt liegenzubleiben? Nicht mein Ding. Rückblickend war meine Strategie genau richtig.
Mein Minimalziel – Skagen erreichen – habe ich nach viereinhalb Tagen geschafft. Damit bin ich sehr zufrieden.
Gepäck – zu viel oder genau richtig?
16 Kilo hatte ich an Bord. Viel? Ja. Aber fast alles habe ich gebraucht – bis auf ein paar Ersatzteile, Kabel und Kleidungsstücke. Rund 2 Kilo hätte ich mir sparen können, würde sie aber beim nächsten Mal trotzdem wieder einpacken. Lieber ein bisschen zu viel als zu wenig.

Übernachten im Shelter
Eine neue, unvergessliche Erfahrung! Mein Schlafsack hat sich bei -5 °C bewährt. Die Isomatte dagegen war zu schmal und zu dünn – ich rutschte ständig herunter. Beim nächsten Mal: eine dickere, breitere Matte und unbedingt ein Kopfkissen. Ein improvisierter Packsack voller Klamotten war kein Ersatz.
Am liebsten würde ich sogar ein kleines Zelt mitnehmen. Damit könnte ich mein Lager jederzeit aufschlagen und wäre nicht auf fremde Gastfreundschaft angewiesen.
Bike-Setup
Mein Specialized Sequoia war mein Zuhause auf dieser Tour.
- Wichtigstes Teil: der Auflieger – 90 % der Zeit lag ich darauf. Komfort pur für Schultern und Hände.
- Taschen: Maßgefertigte Rahmentasche und Oberrohrtasche – top. Arschrakete statt Gepäckträger: weniger klappern, mehr Freiheit.
- Reifen: Specialized Sawtooth – zwei Platten, mittelmäßiger Grip bei Nässe, sonst ok.
- Flatpedals: goldrichtig für mich.
- Schutzbleche: unbezahlbar bei dem Wetter.
Hygiene & Alltag
Zwischen Freitag und Donnerstag duschte ich genau einmal. Zähneputzen immerhin regelmäßig – überlebt.
Bargeld war nützlich: Nicht alle Läden in Dänemark akzeptierten Karte.
Mein Schloss? Billig und leicht – aber ich ließ mein Rad ohnehin nie lange unbeaufsichtigt.
Netzabdeckung? Super – gefühlt besser als in Deutschland. Mit T-Mobile hatte ich fast überall LTE.
Bahnfahren in Dänemark
Eine kleine Odyssee: Ohne Kreditkarte mit PIN sieht’s schlecht aus, wenn man ein Ticket am Automaten kaufen will. Barzahlung im Zug? Keine Chance. Von Skagen bis Aalborg saß ich deshalb unfreiwillig als Schwarzfahrer im Zug. Zum Glück konnte ich es den Schaffnern glaubhaft erklären – sie waren hilfsbereit, und ab Aalborg hatte ich dann ein reguläres Ticket nach Hamburg.
Was würde ich anders machen?
- Shelter-Standorte vorher ins Navi laden
- dickere, breitere Isomatte
- Kopfkissen mitnehmen
- eventuell ein kleines Zelt einpacken
- vielleicht tubeless fahren
- GoPro mitnehmen für mehr Fotos und Videos
Fazit
Die Transcimbrica war für mich ein Abenteuer voller Herausforderungen und unvergesslicher Momente. Ich habe mein Ziel erreicht, viel gelernt und großartige Menschen getroffen.
Würde ich wieder starten? Definitiv ja.
🏃♂️ Michael aka Imi
Leidenschaftlicher Läufer, Radfahrer und Kraftsportler aus Frankenberg an der Eder.
Immer auf der Suche nach neuen sportlichen Herausforderungen – und mit Freude dabei, Erinnerungen zu bewahren und zu teilen.